Es ist ein langer Fahrtag aus der Sahara zurück in die Berge. Einen größeren Bogen schneide ich ab in dem ich den Tizi-n-Tazazert Pass überquere. 70 Kilometer Piste bis auf 2800 Meter Höhe. Die Aussichten sind phänomenal aber die Piste hat es in sich. Steile Anstiege über losen Schotter und Felsen, links geht es fast senkrecht in die Tiefe. Ich bin heil froh als ich endlich wieder Asphalt unter den Rädern habe.
Wohin es mich so schnell zieht sind die großen Schluchten, eines der Highlights Marokkos. Dades und Todra verlaufen fast parallel zueinander. Durch Todra verläuft eine Asphaltstraße. Die Straße durch die Dades Schlucht ist nur zur Hälfte geteert. Danach folgen weitere 50km Schotter und ein Pass von fast 3000 Metern Höhe bevor die beiden Straßen sich treffen. Eine Rundtour ist im Prinzip möglich hängt aber stark vom Zustand der Piste ab. Vor 2 Wochen traf ich eine Gruppe Italiener, die umkehren mussten. Schmelzwasser hatte die Piste zu klebrigem, rutschigen Matsch aufgeweicht. Der Matsch kann die Radläufe derart verkleben das die Räder blockieren. Ich hoffe das es inzwischen trockener und die Straße befahrbar ist.
Der Ort Tingehir, den ich mir als Ziel ausgesucht habe liegt am Eingang der Todar-Schlucht. Den Ort hatte ich mir schöner vorgestellt. Er ist nur eine Durchgangsstation zur Schlucht – so auch für mich. Die Todra Schlucht enttäuscht auch wirklich nicht. An der engsten Stelle ragen senkrechte Felswände 250 Meter in die Höhe und lassen gerade mal genug Platz für eine enge Durchfahrt und den Fluss, der sich die Schlucht gegraben hat.
Die auf die eigentlich Schlucht folgende Strecke ist nicht weniger schön. Nicht ganz so schön ist das ich morgens vergass zu tanken und tatsächlich keine Tankstelle mehr auftaucht. Die Piste will ich nun wirklich nicht mit fast leerem Tank beginnen, auch wenn es eigentlich noch reichen sollte. Also muss eben der Schwarzmarkt herhalten.
Während die Frauen auf den Feldern schuften oder im Fluß die Wäsche waschen sitzen die Herren beim Tee in der Sonne. Ich schließe mich beidem an: Tee und Sonne. Die Piste lässt sich zunächst sehr gut an. Wenn das so bleibt steht der Rundtour bis in die Dades Schlucht nichts im Wege. Aber noch ist die Passhöhe nicht erreicht und wer weiss wie es auf der anderen Seite aussieht. Als mir dann noch ein Wohnmobil entgegen kommt scheint die Sache perfekt. Was der schafft packe ich allemal. Obwohl an dem Auto auch einiger Matsch klebt. Ganz so weit komme ich aber nicht. Ein Jeep blockiert die Straße.
Ahmed, Tour Guide und Inhaber eines Hotels war mit zwei deutschen Wohnmobil-Touristen auf der Passhöhe, wo sie den ersten platten Reifen hatten und nun wenige Kilometer später ist auch der Ersatzreifen platt. Eine Pumpe ist bereits unterwegs. Bei genauerer Betrachtung des Reifens wird klar das die nicht viel helfen wird. Es ist zwar nur ein kleiner Riß bestimmt zu groß als das der Reifen die Luft halten würde. Mit meinem Reifenreparatur Kit konnte ich schon häufiger Reifen flicken. Ob das auch bei dem Riß klappt probieren wir. Es funktioniert zumindest so gut als das eine vorsichtige Weiterfahrt ins Tal möglich ist.
Ahmed rät mir von meiner Weiterfahrt über den Pass jedoch ab. Sehr naß, sehr viel Matsch. Ich soll lieber mitkommen. Kürzlich kam ich an einem Abzweig zu Höhlen und einem Wasserfall vorbei. Dort hin wollten sie noch. Also gut. inzwischen ist es ohnehin schon etwas spät. Guck ich mir halt den Wasserfall an. Der Abstecher lohnt absolut. Der Wasserfall ist zwar nicht sonderlich groß aber die in der Sonne glänzenden Eiszapfen in der Sonne lassen den Wasserfall surreal erscheinen. Noch ein Stück weiter den Berg hinauf überspannt ein riesiger Felsbogen das Ende des Tals. Es handelt sich um den ehemaligen Eingang zu einer riesigen Halle, die in eine Höhle mündet. Das Dach der Halle ist eingestürzt, was den Bogen zurück ließ. Die Höhle erstreckt sich bis weit in den Berg hinein. Leider habe ich keine Lampe dabei und das Handy vermag die Finsternis nicht wirklich zu durchdringen. Wasserrauschen ist zu hören, Tropfsteine von unten und oben. Hier kommt kaum mal jemand her. Ob die Höhle überhaupt jemals erkundet wurde?
Die beiden Deutschen Touristen loben Ahmed’s Hotelzimmer und Küche und als mir als Dank für meine Hilfe noch ein kostenloses Abendessen angeboten wird fällt die Entscheidung nicht mehr schwer.
Bei einem tatsächlich sehr leckeren Abendessen geht ein weitere Tag, der eigentlich gar nicht so geplant war aber um so schöner wurde zu Ende. Der krönende Abschluss: Es gibt Bier! For morgen wird eine Horde Holländer erwartet für die schonmal Bier gebunkert wurde.
Tags drauf wird die Dades Schlucht von der asphaltierten Seite her in Angriff genommen. Anders als Todra aber nicht minder schön. Spektakulär ist die Straßenführung.
Bis zum Ende des Asphalts will ich auf jeden Fall. Und dann umdrehen? Oder es doch probieren? Da ist schließlich ein Wohnmobil durch gekommen! Da wird der Motorradfahrer schon an seiner Ehre gepackt! Andererseits in 3000 Meter Höhe liegen zu blieben und eventuell sogar noch die Nacht verbringen zu müssen wäre definitiv Typ 3 Spass.
Typ 1 Spass erscheint als Idee lustig und enttäuscht auch in der Umsetzung nicht. Die Typ 2 Spass erweist sich in der Realität als nicht ganz so toll gibt aber zumindest noch eine gute Geschichte für daheim ab. Typ 3 entsteht gern im fortgeschrittenen Zustand der Alkoholisierung und taugt nicht mal mehr für eine spannende Geschichte.
Aber nichts dergleichen: Typ 1 Pur! Es hat zwar vereinzelte matschige Passagen aber die sind kurz und meist zu umfahren. Die Mühe wird mit wunderbaren Panoramen entlohnt.
Und dann treffe ich auch noch den Helfer von Ahmed, mit dem ich gestern den platten Reifen seines Jeeps reparierte. Er ist heute mit einigen Freunden dabei ein Haus zu bauen. Eine neue Herberge soll entstehen. Ob er mit dem Projekt hier, wo kaum mehr als 2 Touristen am Tag vorbei kommen erfolgreich sein wird? Es gibt natürlich erst mal Tee und vom Mittagessen, Fleischspieße vom gegrillten Schaf mit Brot, ist auch noch übrig. Das arme Tier hat wohl erst am Morgen sein Leben gelassen. Nackt liegt es neben seinem Fell, an dem auch der Kopf noch hängt.
Das besondere an dieser Begegnung ist das ich die Gelegenheit habe die traditionelle Bauweise life zu sehen. Das letzte Element der ersten Ebene, eine Stumpflehm Mauer wird gerade angefangen. Eine Verschalung sorgt für seitlichen Halt. Unten werden einige Steine eingebracht und darauf: Lehm. Die gesamte Mauer besteht aus nichts als fest gestampftem Lehm ohne jegliches Bindemittel. Jeder Regen greift diese Mauern sofort an. Aber es regnet ja nicht oft. Die Bauweise ist einfach, das Baumaterial kostenlos und schnell geht es auch. Der Rohbau soll in 5 Tagen fertig sein. Die gesamte Auberge soll in höchstens 2 Monaten die ersten Gäste bewirten. Viel Erfolg!
Im Hotel ist inzwischen ein ganzes holländisches Altersheim in 13 Wohnmobilen eingetroffen. Mir soll’s recht sein. Es gibt Bier.
Ich finde es faszinierend wie schön Marokko außerhalb der Tourizenten ist.
Toll 👍👍👍👍
Die Straße durch die Dades Schlucht is ja echt geil! Und deine Fotos sind wie immer genial, kann man bei Dir en Fotokurs buchen vielleicht in Verbindung mit nem Nitrox Kurs 😉
Hi Daniel
Beides sehr gerne 😄😄😄
Und nächstes mal kommst du einfach mit nach Marokko.